Ruhe sanft Richard Wagners Sterbesofa in Bayreuth
Nur sehr wenige Objekte aus dem alltäglichen Leben des Komponisten Richard Wagner (1813-1883) haben die Zeiten überdauert. Der Mythos, zu dem er sich selbst bereits zu Lebzeiten stilisiert hatte und der von seinen Nachfahren in eine „Heiligengeschichte“ gegossen wurde, kennt keinen Alltag. Die wenigen erhaltenen Stücke – ein samtenes Barett, eine Brille oder eine Schreibfeder – erlangten den Status von Reliquien im religiösen Sinne. In diese Kategorie fällt auch Wagners Sterbesofa, das heute im Richard Wagner Museum Bayeuth zu sehen ist.
Haus Wahnfried (Bayreuth, Fichtelgebirge)

Am 13. Februar 1883 starb Richard Wagner auf dem kleinen Sofa in den Armen seiner Frau Cosima. Das stand allerdings damals nicht in Bayreuth, sondern im Palazzo Vendramin in Venedig, wo sich Wagner aus gesundheitlichen Gründen aufhielt. Bestattet werden wollte er aber in der Gruft im Garten seines Hauses Wahnfried in Bayreuth.

So wurden seine Überreste am 16. Februar 1883 in einem Sarkophag auf die letzte Reise geschickt – in einem Güterwaggon der Bayerischen Staatsbahn, der zur Sicherheit mit dem Wort „Leiche“ beschriftet worden war. Ihm folgte das Sterbesofa. Zusammen mit zahlreichen anderen „Effeti usati“, also der persönlichen Habe der Familie, wurde es der venezianischen Spedition Antonio Lago übergeben, um es per Zug nach Bayreuth zu transportieren.

Das Sofa wurde ebenfalls in Haus Wahnfried „beigesetzt“ und trat erst 1930, im Jahr des Ablebens Cosima Wagners, wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Als im selben Jahr die städtische Richard-Wagner-Gedenkstätte ins Neue Schloss in Bayreuth umzog, vermachte die Familie Wagner dem Museum das Sterbesofa. Helena Wallem, die Leiterin der Gedenkstätte, präsentierte es fortan zusammen mit der Totenmaske Richard Wagners und einem schwarzen Schleier als Altar des Wagnertums.

Die quasi religiöse Anmutung dieser Installation rief jedoch auch „Grabräuber“ auf den Plan, so dass über die Jahre die Substanz des Sofas stark litt. Immer wieder wurden größere Stoffstücke oder sogar einzelne Fäden entwendet. Selbst als das Möbel ab 1976 im neuen Richard-Wagner-Museum „säkularisiert“ und geschützt durch eine Kordel präsentiert wurde, setzten sich Reliquienkult und -raub fort. 2009 wurden einige Stücke sogar auf einer Internet-Plattform im Rahmen einer Versteigerung angeboten.

Seit der Neugestaltung des Richard Wagner Museums 2015 wird das mittlerweile restaurierte Sofa deshalb in einer Vitrine gezeigt … dieser „gläserne Sarg“ ist nur für den Fall, dass Musealisierung weiterhin wirkungslos gegen den Mythos sein sollte.

Neues Schloss (Bayreuth, Fichtelgebirge)

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